Ende, Böckmann & Hartung Justizpalast, Tokio (1887-1896)
von Franziska Schilling
Inv. Nr. 8095 Ende, Böckmann & Hartung Justizpalast, Tokio Ansicht des Mittelbaues Handzeichnung: Tusche aquarelliert auf Karton 71,6 x 94,1 cm
Die in Japan seit Beginn der Meji-Ära 1868 betriebene Modernisierung von Verfassung, Gesetzgebung und Verwaltung nach europäischem Vorbild eröffnete auch der Kunstpolitik und damit der Baukunst des Landes neue Wege. Das Berliner Architekturbüro von Hermann Ende (1829–1907) und Wilhelm Böckmann (1832–1902) zählte zu den renommiertesten Büros des deutschen Kaiserreiches und wurde deshalb ab 1886 von der japanischen Regierung mit einem Bebauungsplan für das Tokioter Regierungsviertel und Entwürfen für Regierungsbauten beauftragt.
Inv. Nr. 1071 Ende, Böckmann & Hartung Justizpalast, Tokio Perspektivische Ansicht Handzeichnung: Tusche, Bleistift aquarelliert, weiß gehöht auf Karton 72,6 x 110,6 cm
Ausgeführt wurden jedoch lediglich die Entwürfe des noch heute existierenden Justizministeriums und der inzwischen zerstörten Gebäude für Parlament und Justizpalast. Die Planungsgeschichte spiegelt die gespaltene und wechselnde Haltung Japans zum Westen wieder. Während eine erste Fassung für den Justizpalast 1887 als Werksteinbau in konventioneller europäischer Neorenaissance für die gewünschte Annäherung stand, zeigt eine spätere den Versuch der Adaption japanischer Formen. Auf Wunsch national-konservativer Kräfte wurde der Entwurf als Ziegelbau mit Elementen der lokalen Holzbautradition japanisiert, ohne seine in Funktions- und Massengliederung europäische Herkunft zu leugnen. Um eine zentrale, von Arkadengängen umsäumte Wartehalle gruppieren sich vom Ersten bis zum Obersten Gerichtshof die drei Instanzen des Justizpalasts: eine klassische und im europäischen Verwaltungsbau übliche Anordnung, in der lediglich die aus klimatischen Gründen unverglast gebliebenen Fenster der Halle auffallen
Inv. Nr. 7757 Ende, Böckmann & Hartung Justizpalast, Tokio Querschnitt Druck: Lichtdruck auf Papier 34,8 x 46,8 cm
Verwirklicht wurde 1896 eine dritte Version in Formen der französischen Renaissance.