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Nach Westen

Eberstadt, Möhring und Petersen
Wettbewerb Groß-Berlin 1910. Neuer Opernplatz, Berlin (1908-1910)

von Dieter Nägelke

Inv. Nr. 20010
Eberstadt, Möhring und Petersen
Wettbewerb Groß-Berlin 1910. Neuer Opernplatz, Berlin
Perspektivische Ansicht (Vogelschau)
Handzeichnung: Bleistift aquarelliert auf Karton
70,8 x 98 cm

Zwischen 1850 und 1870 hatte sich die Einwohnerzahl Berlins auf über 800.000 verdoppelt. 1877 war die erste, 1905 die zweite Million erreicht. Dieses rasante Wachstum schuf eine Fülle von sozialen und infrastrukturellen Problemen, denen Politik und Verwaltung mehr oder weniger hilflos gegenüberstanden. Das Umland war noch nicht eingemeindet, so dass seine Erschließung nicht zentral koordiniert werden konnte, sondern dem zufälligen Zusammenspiel von Terrainspekulanten, privatwirtschaftlichen Verkehrsgesellschaften und den Partikularinteressen einzelner Gemeinden ausgeliefert blieb.

Inv. Nr. 8014
Albert Gessner
Wettbewerb Groß-Berlin 1910. Von der Südbahnhofstraße zum Müggelsee, Berlin
Perspektivische Ansicht
Handzeichnung: Aquarell auf Karton
175,5 x 95,8 cm

Angesichts dieser unübersehbaren Fehlentwicklungen war es kein Zufall, dass 1908 an der Technischen Hochschule in Charlottenburg der erste Lehrstuhl für Städtebau gegründet und noch im selben Jahr ein Wettbewerb für die zukünftige Entwicklung des Großraums ausgerufen wurde. Eine Umgestaltung der Innenstadt gehörte zwar nicht zur Ausschreibung, wurde aber von vielen der Preisbewerber in Form großer Perspektiven eingereicht – zu verlockend war es offensichtlich, neben der trockenen Verkehrs- und Bebauungsplanung auch durch wirkungsvolle Visualisierungen punkten zu können.

Zu den prächtigsten Zeichnungen zählt Bruno Möhrings Oper, die mit ihrem gewaltigen Platz den Mittelpunkt eines neuen Prachtboulevards parallel zur Siegesallee Wilhelms II. am westlichen Tiergartenrand bilden sollte. Das bürgerliche Opernpublikum wäre aus dem Südwesten gekommen und hätte die Aufführungen bequem über den Verkehrsknoten Potsdamer Platz erreicht: Mitnichten stand die spektakuläre Architekturphantasie also für sich, sondern war logischer innerstädtischer Ausdruck einer auch nach sozialen Aspekten verfahrenden Gliederung der Metropolregion.


Quellen / Literatur:

Vgl. Bodenschatz (2010) und Bodenschatz/Gräwe/Kegler/Nägelke/Sonne (2010). Die Zeichnungen sind Altbestand.

Mehr dazu im Architekturmuseum:

https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/index.php?p=51&SID=15846345217094

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