Hermann Dernburg Deutsches Festspielhaus (Theater der 10.000), Berlin (1912)
von David Blankenstein
Inv. Nr. 19379 Hermann Dernburg Deutsches Festspielhaus (Theater der 10.000), Berlin Perspektivische Ansicht des Zuschauerraumes, Schnitt der Ränge und des Daches Handzeichnung: Bleistift, Kohle auf Karton 72,7 x 127,5 cm
Die kulturellen Reformbestrebungen des frühen 20. Jahrhunderts schlugen sich auch in progressiven Entwürfen zu Theatergroßbauten nieder, die nicht mehr nur einer begrenzten Publikumselite, sondern mehreren tausend Zuschauern jedweder Herkunft Unterhaltung bieten sollten: » Man war übersättigt von den Finessen und Nuancen für eine Minderheit: die Alp, so meinte man, war abgeweidet. Von einer Berührung mit der Menge erhoffte man Erneuerung, Gesundung, Stärkung und Erhöhung für die dramatische Kunst « schrieb der Theaterkritiker Siegfried Jacobsohn zu den damaligen Reformversuchen.
Inv. Nr. 19377 Hermann Dernburg Deutsches Festspielhaus (Theater der 10.000), Berlin Ansicht 1:100 Lichtpause Einzeichnung: Kohle über Lichtpause auf Papier 55 x 120,4 cm
Maßgeblicher Protagonist dieser Bewegung war Max Reinhardt (1873–1943), Schauspieler, Regisseur und Direktor des Deutschen Theaters, der die »Volksfestspiele« im » Theater der 5.000 « forderte und nach 1910 an deren Umsetzung arbeitete. Hermann Dernburg greift in seinem Entwurf begeistert diese Forderungen nach einem rang- und klassenlosen Schauspielhaus auf und steigert diese zum fast utopisch anmutenden Entwurf des »Theater der 10.000« , ohne strenge Trennung von Bühne und Zuschauerraum, dabei mit deutlichem Rückbezug auf das antike griechische Theatron. Reinhardts Ideen tatsächlich als Theaterarchitektur umzusetzen gelang allerdings erst 1919 Hans Poelzig mit seinem Großen Schauspielhaus.
Inv. Nr. 19378 Hermann Dernburg Deutsches Festspielhaus (Theater der 10.000), Berlin Perspektivische Ansicht der Bühne Handzeichnung: Kohle auf Papier, auf Karton 60,3 x 91,8 cm
Dernburg hatte hingegen schon 1910 mit einem anderen Projekt für Großveranstaltungen reüssiert – als Schöpfer des Berliner Sportpalasts, der seit seiner politisch-propagandistischen Nutzung im Dritten Reich allerdings weniger als Ort der Vergnügung, sondern eher als Ort der Verführung der Massen bekannt ist.